Kinder Fahrradcheck

Der große Fahrrad-Check – So ist Ihr Kind auch im Winter sicher unterwegs

Presseartikel Spielen & Lernen 10/2008; PDF

Foto: Katja Foggin

Die Tage werden kürzer, und die Straßen sind jetzt öfter nass. Zu Beginn der kalten Jahreszeit sollten Eltern die Räder ihrer Kleinen einmal ganz genau unter die Lupe nehmen. Wir zeigen, wie es geht. Das sollte ein Kinderrad haben:

  • 1. stabilen Gepäckträger
  • 2. rutschsichere Griffe
  • 3. Lichtanlage (am besten mit Nabendynamo)
  • 4. Kettenschutz
  • 5. zwei Bremsen (ideal mit Rücktrittbremse)
  • 6. Reflektoren

Wenn der neunjährige Rafael morgens in die Schule startet, geht es zu wie in einer Formel 1 Box: „Helm?“, fragt Mutter Monika Schön. „Sitzt!“, meldet der Sohn. „Licht?“ Rafael betätigt den Dynamohebel: „Ist an!“ Es folgen noch der Bremsen-Check, die Kontrolle des Fahrradschlosses und eine Klingelprobe, dann macht sich der kleine Velopilot auf seinen Schulweg. Ein Blick in die Statistik zeigt, wie berechtigt die Sorge um die sichere Ausrüstung der kleinen Radfahrer ist. Fast 13000 Kinder werden nach Angaben des Statistischen Bundesamtes jährlich bei Fahrradunfällen verletzt oder sogar getötet. Damit kommt alle Dreiviertelstunde ein Rad fahrendes Kind zu Schaden, die nicht gemeldeten kleineren Pannen nicht gerechnet. Mehr als ein Viertel der Fahrradunfälle ereignet sich dabei vor oder nach der Schule, weitere 23 Prozent beim Spiel am Nachmittag auf der Straße.Wenn es im Oktober und November auf den Straßen langsam ungemütlich wird, ist das kein Grund, das Rad in den Keller zu verfrachten. „Grundsätzlich können Kinder bei jedem Wetter mit dem Rad zur Schule fahren“, meint Lilo Franzen, Inhaberin der Bonner Fahrradschule für Kinder.

Sehen und gesehen werden in der dunklen Jahreszeit

„Fahrradbeleuchtung, helle Kleidung und auffällige Reflektoren sind lebenswichtig“, mahnt Bettina Cibulski vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC). „Am besten fahren Kinder wie kleine Leuchtkugeln durch die Gegend.“ Eine optimale Energiequelle sind Nabendynamos, die schon bei geringer Geschwindigkeit genügend Strom liefern und bei Nässe nicht durchdrehen. Solche leistungsfähigen und leichtgängigen Minikraftwerke sind bereits ab 60 Euro zu haben. Zu teuer? Dann sollten Sie wenigstens einen zuverlässigen Seitendynamo mit hohem Wirkungsgrad einbauen, der regelmäßig gesäubert und geölt wird. Entscheidend ist, dass Kinderhände ihn gut bedienen können und er leicht läuft.

Als Standard bei den vorderen Scheinwerfern gelten hell strahlende Halogenleuchten, hinten dürfen es auch Leuchtdioden sein. Wichtig ist eine Standlichtautomatik vorne und hinten, damit der Radfahrer auch im Stand gut zu sehen ist. Lampen mit Batterien oder Akkus sind vom Gesetzgeber nicht zugelassen und allenfalls eine zusätzliche Lichtquelle.

Reflektionsstreifen am Rad, an der Kleidung und am Rucksack erhöhen die Sichtbarkeit im Dunkeln. Für das Fahrrad gibt es reflektierende Klebestreifen für den Rahmen und die Schutzbleche, sinnvoll sind auch leuchtende Reifen, „weil das Rad im Ganzen erfasst wird“, meint ADFC-Fachfrau Cibulski. Experten empfehlen Qualitätsprodukte. Sie sind zwar etwas teurer, dafür aber auch bis zu 400 statt 50 Metern weit zu sehen. Sinnvoller als Beinschlaufen sind Leuchtkragen oder Katzenaugen an der Kapuze, weil sie nicht in die Kette geraten und Autofahrer sie besser sehen können. „Wenn die Eltern ihnen das zutrauen.“ Wirkt der radelnde Nachwuchs schon bei guten Straßenverhältnissen unsicher, sollte er das Fahrrad bei schlechtem Wetter lieber stehen lassen.

Kinder müssen ihre sensorischen und motorischen Fähigkeiten erst noch richtig entwickeln. Der Straßenverkehr ist für die Kleinen deshalb in jeder Altersstufe eine große Herausforderung, da sie gleichzeitig auf den Verkehr achten, Balance halten, Entfernungen einschätzen und schnell reagieren müssen. „Wenn bei nassem Wetter etwa die Kontraste abnehmen und die Raumwahrnehmung schlechter wird, sind Kinder überfordert“, warnt  Lilo Franzen. Um sie zu schützen, gelten in den dunklen Jahreszeiten noch konsequentere Sicherheitsvorkehrungen als im Sommer.

Die wichtigste Voraussetzung ist die Funktionstüchtigkeit des Beförderungsmittels. Am sichersten ist die Kontrolle des Fahrrads durch den Spezialisten im Fahrradladen. Meistens bieten die Händler im Oktober und November günstige Preise für einen kompletten Wintercheck an. Viele Routinekontrollen sollten die Eltern vor allem im Winter allerdings regelmäßig selbst durchführen. Um den festen Sitz aller Schrauben zu kontrollieren, Bremsbeläge und Lichtanlage zu prüfen sowie Kette und andere Teile zu schmieren, braucht man keine besondere Begabung. Gemeinsam mit dem Nachwuchs können diese Basteleien viel Spaß machen und sind außerdem eine frühzeitige Lektion für selbstständige Fahrradreparaturen.

Bei Stürzen kann der Fahrradhelm in jeder Jahreszeit zum Lebensretter werden. Doch der allgemeine Sicherheitscheck vor dem Winter ist eine gute Gelegenheit, den Kopfschutz wieder einmal genauer anzuschauen. Sitzt er auf einer warmen Mütze sicher und bequem? Lässt er sich so einstellen, dass er nicht drückt, aber auch nicht rutscht? Die Riemen müssen fest sitzen, Schläfen und Hinterkopf gut geschützt sein, und die Ohren dürfen nicht verdeckt sein. Generell ausgetauscht werden sollte der Helm gegen ein neues Modell mit dem TÜV-Siegel für Geprüfte Sicherheit spätestens nach fünf Jahren oder wenn er deutliche Dellen aufweist, da das Material spröde wird.

Wenn alle technischen Vorbereitungen erledigt sind, hängt die Sicherheit der kleinen Radler nun davon ab, dass sie bei Schmuddelwetter einige Regeln beachten. Vor allem sollten sich die Kinder bei Regen und Schnee früher auf den Schulweg machen, da sie für die gewohnte Strecke bei ungünstigen Wetterverhältnissen länger brauchen. Wenn sie an so einem Morgen in Zeitdruck geraten, sind Unfälle durch Unachtsamkeit oder Hektik programmiert. Kinder bis zu einem Alter von acht Jahren müssen generell den Gehweg benutzen und bei schlechten Straßenverhältnissen selbst auf vertrauter Strecke von den Eltern oder älteren Geschwistern begleitet werden. Auch zehnjährige Radler sollten in der kalten Jahreszeit den sicheren Gehsteig benutzen. Bei schlechter Sicht sind die kleinen Verkehrsteilnehmer trotz Licht und Reflektoren durch nasse und vereiste Autoscheiben kaum zu erkennen, zudem kann der zur Seite geräumte Schnee die Fahrbahn einengen.

Besser ist es, im Winter kleinere Nebenstraßen zu benutzen. Dort werden die Fahrbahnen selten geräumt, sodass die Kinder auf einer geschlossenen Schneedecke sicherer unterwegs sind. Zudem fahren hier die Autos langsamer, und die Gehwege werden in der Regel sorgfältiger von den Anwohnern gestreut oder frei geräumt. Doch spätestens wenn die Straßen vereist und glatt sind, ist es an der Zeit, dass die Kinder das Fahrrad stehen lassen und lieber zu Fuß die Winterwelt genießen.

Der Winter-Radcheck

  • Druck in den Schläuchen etwas ablassen. Der Reifen hat dadurch eine breitere Auflage und besseren Griff auf der Straße. Reifenprofil prüfen.
  • Schrauben und andere Befestigungen auf festen Sitz prüfen.
  • Beleuchtung testen, Sitz und Isolierung der Steckkontakte kontrollieren. Durchrutschende Dynamokappen erneuern bzw. mit nässetauglichen Aufsätzen versehen. 
  • Einadrige Stromleitungen durch zweiadrige Koaxialkabel ersetzen, da Rahmen und Bauteile bei Korrosion und Nässe als „Masseleiter“ wirken.
  • Front- und Rückstrahler sowie Reflektoren an Speichen und Pedalen säubern.
  • Abgefahrene Bremsklötze erneuern.
  • Bremszüge prüfen und gut gegen Kondenswasser einfetten.
  • Alle beweglichen Teile gut vor Schmutz, Nässe und Streusalz mit Öl schützen. Am besten ein Kriechöl verwenden.
  • Kette reinigen und mit Kettenfett großzügig einschmieren. Ab und an nachfetten.
  • Felgen und Bremsbeläge mit Bremsreinigern oder Entfetten reinigen. Bei Rücktrittbremsen sollte die Kette nicht durchhängen.
  • Rahmen und Reifen mit Seifenlauge oder Spülmittel reinigen. Anschließend mit Pflegespray einsprühen.

Text: Markus Schmid